Wie Bäume extreme Hitze bewältigen
Wann wird Hitze für Bäume bedrohlich?
Extreme Hitzewellen nehmen weltweit zu. Doch ab wann werden sie für Waldbäume bedrohlich? Dieser Frage ging ein Forschungsteam unter der Leitung der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und der ETH Lausanne (EPFL) im besonders heißen Sommer 2023 nach. Die Untersuchungen fanden in der Schweiz, Südfrankreich und Spanien statt.
Eichen können bis 53 Grad Blattoberflächentemperatur überstehen
Bei extrem hohen Temperaturen droht eine Überhitzung der Wälder, die für Bäume tödlich sein kann. Diese Entwicklung beobachteten Alice Gauthey und ihr Team von WSL und EPFL im Sommer 2023 in den Steineichenwäldern Frankreichs, wo das Thermometer auf fast 50 Grad Celsius kletterte – die höchsten jemals dort gemessenen Temperaturen. Das Team verfolgte, wie sich die Temperatur der Baumkronen im Tages- und Saisonverlauf veränderte.
Dafür setzten sie Drohnen mit Infrarot-Wärmebildkameras ein, die die Wälder in der Schweiz, Frankreich und Spanien an heißen Tagen überflogen und die Temperatur der obersten Blattschicht aufzeichneten. Zusätzlich maßen die Forscher an Zweigen in den Baumkronen die Fotosynthese und den Wasserverlust der Blätter. Da die Traubeneichen (Quercus petraea) im Baselbieter Jura etwa 30 Meter hoch sind, nutzten sie dort einen Kran, um in die Baumkronen zu gelangen. In Frankreich wurden Gerüste verwendet, um die Steineichen (Quercus ilex) zu vermessen, während in Spanien aufgrund der geringen Höhe der Kermes-Eichen (Quercus coccifera), die nur bis zu 1,5 Meter hoch werden, keine Hilfsmittel benötigt wurden.
Die Ergebnisse zeigen, dass Eichen erstaunlich hohe Temperaturen überstehen können. „Die obersten Blätter der Kronen erreichten im August bis zu 50 Grad Celsius – eine bemerkenswerte Temperatur“, erklärt Studienleiterin Charlotte Grossiord, Waldökologin an der WSL und EPFL. Dabei lagen die Lufttemperaturen „nur“ bei etwa 40 bis 42 Grad.
Wie können Eichen diese Temperatur überleben?
Die Forscher vermuten, dass ihre außergewöhnliche Hitzetoleranz eine entscheidende Rolle spielte. Diese wurde getestet, indem Blätter in einem Wasserbad schrittweise höheren Temperaturen ausgesetzt wurden, während gleichzeitig die Beeinträchtigung der Fotosynthese in den Zellen gemessen wurde. „Wir stellten fest, dass die kritischen Temperaturen erst bei fast 50 Grad Celsius beginnen“, so Grossiord. Die Eichen in Frankreich und Spanien hielten Blatttemperaturen von 51 bzw. 53 Grad Celsius stand, während die Traubeneichen in der Schweiz sogar bis zu 59 Grad Celsius aushielten.
Dass diese Temperaturen selten erreicht wurden, könnte an einem anderen Prozess liegen: Die Blätter verloren stets ein wenig Wasser, wie die Messungen zeigen. Zwar schließen Bäume bei großer Hitze die Poren auf der Blattunterseite, durch die sie Gase austauschen, doch ein geringer Wasserverlust erfolgt weiterhin passiv durch die Blattoberfläche. Beide Prozesse, sowohl der aktive als auch der passive, halfen dabei, die Blätter ausreichend abzukühlen. Nur die am stärksten exponierten Blätter in der Kronenschicht vertrockneten und wurden braun.
Hitzetoleranz von Eichen ist höer als Nadelbäume
Die Hitzetoleranz der Eichen ist wesentlich höher als die einiger Nadelbäume, die zuvor in der Schweiz untersucht wurden, erklärt Grossiord. Ihre Kronenstruktur mit dünnen Nadeln und lockerem Geäst verhindert jedoch, dass solche extremen Temperaturen im Blattinneren entstehen, wie frühere Studien des Teams im Walliser Pfynwald gezeigt haben.
Laubbäume leiden unter häufiger Hitze
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Laubbäume unter häufigeren Hitzewellen leiden könnten. „Einige Arten könnten ihre Grenzen erreichen, wenn die Hitzewellen extremer werden“, warnt Grossiord. Das zeigte bereits der Sommer 2018 in der Schweiz, als zahlreiche Buchen auf Böden mit geringer Wasserspeicherkapazität vertrockneten. Es sei wichtig zu verstehen, welche Auswirkungen hohe Temperaturen in Kombination mit Trockenheit haben, betont Grossiord. In Skandinavien beispielsweise liegt die maximale Hitzetoleranz von Bäumen aus kühleren Regionen bei nur 35 Grad Celsius, während manche tropischen Pflanzen Temperaturen von fast 60 Grad standhalten.
Quelle: – idw – Pressemitteilung – Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL – 7. August 2024
Siehe auch: Bei Trockenheit: Bäume verdursten und verhungern und Buchen reagieren unterschiedlich auf Trockenheit