Bei Trockenheit: Bäume verdursten und verhungern
Was lässt Bäume bei Dürre absterben? Durst oder Hunger?
Immer häufiger vorkommende Dürreperioden zerstören ganze Waldregionen und gefährden die Regulierungsfunktion der Wälder für das globale Klima. Eine neue Studie fasst Ergebnisse aus 19 Dürreexperimenten zusammen und zeigt auf, dass Bäume bei Dürre nicht nur verdursten, sondern auch verhungern.
Wissenschaftler registrieren weltweit eine Zunahme von dürrebedingtem Baumsterben, sowohl in den borealen Wäldern Nordeuropas als auch in den tropischen Wäldern südlich des Äquators. Sie untersuchen schon seit langem die physiologischen Mechanismen des Baumsterbens bei Dürre: Verdursten die Bäume, weil der Wassertransport zusammenbricht oder verhungern sie aus Mangel an Kohlehydraten?
Bäume hungern
Bäume verdunsten große Mengen Wasser für den Transport von Nährstoffen, zur Kühlung und für die Photosynthese. Bei diesem Transpirationsprozess erleichtern kleine Poren in den Blättern, die Spaltöffnungen oder Stomata, den Austausch von Gasen wie Kohlendioxid und Sauerstoff. Leidet der Baum unter Hitze und Trockenheit, schließt er die Stomata und reduziert damit den Wasserverlust, aber auch den Eintrag von Kohlendioxid und somit die Photosynthese. Hält der Trockenstress an, kann der Eigenbedarf an Kohlehydraten für den Stoffwechsel nicht mehr gedeckt werden und der Baum wird anfälliger für Krankheiten und Schädlinge.
Bäume verdursten
Bei gleichzeitig weiter austrocknendem Boden steigt die Wasserspannung im Leitgewebe, da der Baum gleichzeitig Wasser durch Transpiration verliert. Damit steigt auch das Risiko für die Bildung von Embolien, das heißt Gasblasen in den Leitbahnen. Sie unterbrechen den Wassertransport teilweise oder vollständig, und es kann zur verhängnisvollen Austrocknung von Geweben kommen. Die Bäume verdursten.
Bislang bestand Uneinigkeit darüber, welcher dieser Mechanismen, Ausfall des Wassertransports oder Kohlehydratmangel, vorrangig für das Absterben der Bäume verantwortlich ist.
In einer aktuell veröffentlichten Studie haben 62 internationale Forscher, unter der Leitung von Henry Adams von der Oklahoma State University, Daten von 19 verschiedenen Trockenstressexperimenten zusammengetragen und ausgewertet. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass für alle 26 untersuchten Baumarten die Unterbrechung des Wassertransports ausschlaggebend ist für ihren Trockentod. In etwa der Hälfte der Fälle spielt „Kohlenstoffhunger“ eine begleitende Rolle.Die Untersuchung zeigt, dass beide Phänomene, sowohl Kohlehydratmangel als auch Wassertransportschäden bei Trockenstress auftreten. „Dies macht Sinn, denn die gespeicherten Zucker und Stärke spielen eine unterstützende Rolle im hydraulischen System des Baums, zum Beispiel, indem sie den osmotischen Druck in den Zellen regulieren.“ erklärt Henrik Hartmann, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Biogeochemie und einer der Hauptautoren der Studie, der die Ergebnisse von zwei Trockenstressexperimenten in die Studie mit hat einfließen lassen.
Quelle: IDW, 7. August 2017, Max-Planck-Institut für Biogeochemie