Der Borkenkäfer
Der Borkenkäfer ist einer der gefährlichsten “Schädlinge” in der Forstwirtschaft. Es gibt unterschiedliche Borkenkäferarten, die unterschiedliche Baumarten befallen.
Die gefährlichsten Borkenkäfer sind der Buchdrucker und der Kupferstecher, die beide die Fichte befallen. In den Medien werden diese beiden Arten nicht unterschieden – dort heißen sie nur „Borkenkäfer“.
Vom Sekundär- zum Primärschädling
Borkenkäferarten sind „sekundäre“ Schädlinge, d.h. sie finden nur in kränkelnden und absterbenden Bäumen günstige Entwicklungsbedingungen. Durch Trockenheit, Windwurf oder Schneebruch geschwächte Nadelbäume (meist Fichten) dienen somit als Brutstätte. Bei günstigen Witterungsverhältnissen und ausreichend Brutmaterial (z.B. nach Windwurfkatastrophen wie dem Orkan „Lothar“ „oder „Kyrill“ oder einer langen Sommertrockenheit wie 2018 und 2019) ist eine Massenvermehrung (Kalamität) möglich. Die Käferpopulation steigt dann so stark an, dass auch gesunde und vitale Bäume durch den Massenangriff absterben können. Der Borkenkäfer ist somit zu einem „primären“ Schädling geworden.
Waldbauliche Möglichkeiten
Den Waldbewirtschaftenden stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um solche Kalamitäten zu verhindern. Die wohl wichtigste Maßnahme ist der Umbau von Nadelholzreinbeständen in laubholzreiche Mischbestände. Mischwälder sind wesentlich stabiler gegenüber abiotischen Schäden (Windwurf, Schneebruch etc.) und beherbergen mehr natürliche Gegenspieler des Borkenkäfers (Spechte..).
In Nadelholzbeständen sollte in der Flugzeit der Borkenkäfer (April) kein bruttaugliches Material vorhanden sein. Unter dem Begriff “saubere Waldwirtschaft” werden diese Maßnahmen verstanden, die die Ausbreitung hemmen. So müssen kranke, kränkelnde Bäume und frisches, auf dem bodenliegendes Kronenmaterial aus der Fällsaison, zügig entfernt werden. Frisch geschlagene Stämme können entrindet, beregnet oder wassergelagert werden, wenn ein rechtzeitiger Abtransport nicht möglich ist.
Borkenkäferfallen
Eine andere Möglichkeit ist das Aufstellen von Fallen während der Flugzeit der Borkenkäfer. Als Lockstoffe dienen nicht, wie allgemein angenommen Sexuallockstoffe, sondern sog. Aggregationspheromone. Dieser Lockstoff wird vom Männchen beim Einbohren in das Holz freigesetzt und signalisiert der Population, also Männchen und Weibchen, dass der Baum besiedelt werden kann. Diese Lockstofffallen können jedoch nur gegen den Buchdrucker und Kupferstecher eingesetzt werden. Sie dienen aber in der Regel nur zum Monitoring, also der Überwachung.
Abwehrmechanismen des Baumes
Beim Einbohren des Borkenkäfers beginnt die Fichte sofort zu harzen. Der Harzfluss tötet den Borkenkäfer. Das “Harzen” bedingt aber eine gute Wasserverfügbarkeit. Greifen viele Käfer an, kommt die Harzabwehr der Bäume zum Erliegen (ab ca. 200 Käfer pro Baum). Wenn der Baum zusätzlich durch Trockenheit gestesst ist, wodurch die Harzproduktion reduziert wird, erfolgt der Befall noch schneller.
Weitere Möglichkeiten zur Abwehr hat ein Baum nicht. Die natürlichen Gegenspiele der Borkenkäfer wie Spechte, Ameisenbuntkäfer, Schlupfwespen oder auch Pilze, können eine Massenvermehrung nicht verhindern.
Symbiotische Pilze produzieren Lockstoffe für den Borkenkäfer
Ein internationales Forschungsteam hat nachgewiesen, dass der Borkenkäfer Ips typographus bei der Suche nach Wirtsbäumen mit Pilzen kooperiert, die sich von Fichtenharzbestandteilen ernähren. Bei der Zersetzung des Harzes produzieren die Pilze flüchtige chemische Verbindungen, die der Borkenkäfer wahrnimmt und den Baum befällt. Der Baum wird so erst durch den Pilz geschwächt und dann vom Borkenkäfer befallen. Mehr Informationen…
Borkenkäfertypen
Die Borkenkäfer werden in die sog. Rinden- und Holzbrüter eingeteilt:
Rindenbrüter:
Die Rindenbrüter bohren sich in die Rinde von noch lebenden Bäumen ein, legen dort ihre Eier ab und ernähren sich vom Bast. Im Bast werden die Zuckerstoffe im Baum transportiert. Wird der Transport unterbrochen stirbt der Baum. Typische Kennzeichen sind die Fraßgänge auf der Innenseite der Rinde, kleine braune Bohrmehlspuren am Stamm, Nadelfall und -verfärbung, Spechtabschläge und Harzaustritt.
Wichtigste Verteter:
Buchdrucker (gefährlichster bei Fichte), Kupferstecher (Fichte), Waldgärtner (Kiefer) und Großer Lärchenborkenkäfer (Lärche)
Holzbrüter:
Holzbrüter bohren sich in das Splintholz und legen dort ihre Eier ab. Die Anlage der Brutsysteme und die damit verbundene Zerstörung des Holzes, führen zu einer erheblichen Wertminderung, da die technischen Eigenschaften des Holzes (Stabilität) eingeschränkt werden. Die Käfer und Larven ernähren sich in der Regel von Pilzen, die sie in den Brutgängen züchten.
Wichtigster Vertreter:
Gestreifter Nutzholzborkenkäfer (Trypodendron lineatum)
Zusammenspiel Borkenkäfer – Fichte
Der Borkenkäfer ist an die Fichte gebunden. Das natürliche Verbreitungsgebiet der Fichte sind feucht-kühle Regionen. Deshalb findet man sie in Europa vor allem in den Taigas Skandinaviens sowie Russlands und in Deutschland in den höheren Lagen der Mittel- und Hochgebirge. Der Borkenkäfer als natürlicher Gegenspieler der Fichte ist in diesen Regionen kein Problem für die Fichte. Ein großflächiger Befall ist eher selten, da der Borkenkäfer erst ab Temperaturen von über 16 Grad aktiv wird. Diese Temperaturschwelle muss auch ein paar Tage anhalten und zudem muss es trocken sein, damit er in den Schwarmflug geht. Infolge der kurzen und auch kühlen Vegetationszeit von Mai bis Oktober in diesen Höhenlagen, mit schwankenden Temperaturen und hohen Niederschlägen, kommt es in der Regel nie zu einem Massenbefall, da das Klima die Entwicklung der Population stark beeinflusst. Die Weibchen legen meist nur einmal im Jahr Eier (1. Generation). Der Borkenkäfer ist daher in Hochlagen kein echtes Problem für die Fichte.
Das Wirken des Menschen
Das Holz der Fichte ist universal. Es kann für Papier, Spanplatten oder Holzkonstruktionen verwendet werden. Zudem wächst die Fichte sehr schnell. Daher wurde die Fichte in den vergangenen Jahrhunderten außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes angepflanzt. Und dies meist als Monokultur. Die milden klimatischen Verhältnisse mit weniger Niederschlag und höheren Durchschnittstemperaturen im Tiefland, begünstigen die Entwicklung der Borkenkäfer. Es kommt häufig zu 2-3 Generationen, lokal auch zu vier Generationen. Kombiniert mit einer Monokultur, wodurch die Ausbreitung sehr schnell geht, kam es in der Vergangenheit sehr oft zu Massenvermehrungen und damit zu einem größeren Absterben von Fichtenwäldern. Lange trockene und heiße Sommer, die mit dem Klimawandel zunehmen werden, spielen dem Borkenkäfer in die Hände. Die Fichte ist somit ein Verlierer des Klimawandels und wird in weiten Bereichen Deutschlands langsam aber stetig verschwinden. Als Mischbaumart in Laubwäldern wird sie vielleicht in Zukunft noch anzutreffen sein, und natürlich in den Hochlagen der Alpen.
Borkenkäfer im Klimawandel
Infolge der höheren Temperaturen auch im Herbst und Spätherbst, verlängert sich die Schwärmzeit der Borkenkäfer. Und hiermit nimmt auch die Schädigung an den Bäumen weiter zu. Zwar bereiten sich die Käfer bei einer kürzeren Tageslichtlänge auf die Überwinterung vor, die verlängerte Vegetationszeit bedingt jedoch, dass der Käfer trotz der konstanten Einflussfaktoren (Jahreszeitenrhythmus und Tageslichtlänge) länger aktiv ist. Wenn sich in einem langen und mildem Herbst Bruten noch bis zum frostunempfindlichen Stadium entwickeln, droht ein höheres Vorkommen im Frühjahr. Besonders, wenn der Winter mild und die Frühjahreswitterung beständig ist.
Es zeichnet sich somit ab, dass der Borkenkäfer ein Gewinner des Klimawandels ist. (Quellen: ThüringenForst, LWF, NW-FVA, 8. November 2023)